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Pflegerecht 01/2019: bewegungseinschränkende Massnahmen in der häuslichen Pflege

Ein 88-jähriger Mann mit Demenzerkrankung lebt mit seiner Ehefrau zusammen und wird regelmässig ergänzend durch die Spitex betreut. Bereits zu Beginn seiner Erkrankung hat er mündlich den Wunsch geäussert, so lange wie möglich zu Hause leben zu wollen. Aus Sicherheitsgründen wäre das Anbringen eines Bettgitters notwendig, damit die Pflege weiterhin im häuslichen Bereich aufrechterhalten werden kann. Zwischenzeitlich gilt der Betroffene aufgrund der fortgeschrittenen Demenz als urteilsunfähig, weshalb sich nun die Frage aufdrängt, ob die bewegungseinschränkende Massnahme von der Spitex und der Ehefrau in der häuslichen Pflege

angewendet werden darf.

 

Mit dieser Frage, der Auslegeordnung der gesetzlichen Grundlagen sowie den Vertretungsmöglichkeiten der Einwilligung in bewegungseinschränkende Massnahmen bei urteilsunfähigen Personen habe ich mich im Pflegerecht Heft 01/2019 befasst. Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass die Anwendung bewegungseinschränkender Massnahmen eine Freiheitsentziehung darstellt, die nur mittels gesetzlicher Grundlage, Einwilligung oder bei Notwehr und Notstand gerechtfertigt werden kann. Eine gesetzliche Grundlage existiert für bewegungseinschränkende Massnahmen in der häuslichen Pflege allerdings nicht.

 

Daher stellte sich die Frage, ob eine Vorabeinwilligung beispielsweise mittels Patientenverfügung oder Vorsorgeauftrag oder die Einwilligung durch eine vertretungsberechtigte Person möglich ist. Klar ist, die Grenze der Vorabeinwilligung und der Vertretung liegt im mutmasslichen Willen der betroffenen Person, weshalb bewegungseinschränkende Massnahmen ausschliesslich zugunsten der urteilsunfähigen Person und nicht der Entlastung der Angehörigen oder des Pflegebudgets erfolgen dürfen. Zudem beinhaltet das Vertretungsrecht keine Möglichkeit zur zwangsweisen Umsetzung der bewegungseinschränkenden Massnahme. Eine bewegungseinschränkende Massnahme setzt stets die Notwendigkeit im Sinne einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung voraus und geht mit weitreichenden Überwachungspflichten einher. Sie ist als letztes Mittel zu sehen.  

 

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Jana Renker